Arbeitsgericht Berlin: Aussage zur AfD-Förderung ist Werturteil
Wirft ein Verdi-Mitglied seinem Arbeitgeber im Internet konkret tarifwidriges Verhalten und damit die Förderung der rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) vor, rechtfertigt dies noch keine Abmahnung. So entschied die 22. Kammer des Arbeitsgerichts Berlin in einem am Montag, 26.05.2025, bekanntgegebenen Urteil entschieden (AZ: 22 Ca 11081/24).
Im konkreten Fall hatte ein Mitglied der Verdi-Betriebsgruppe der Freien Universität Berlin Ende Januar 2024 im Internet mit zu einem Aktionstag aufgerufen, der sich unter anderem gegen die AfD richtete. In dem Aufruf wurde der Universität vorgeworfen, sie halte sich nicht an Tarifverträge, gliedere Tätigkeiten unterer Lohngruppen mit einem hohen Anteil migrantischer Beschäftigter aus und bekämpfe Mitbestimmung und demokratische Prozesse. Gewerkschaftliche Organisierung sei ihr ein Dorn im Auge. Auf diese Weise fördere die Universität den Rechtsruck in der Gesellschaft und den Aufstieg der AfD.
Die Universität erteilte dem Verdi-Mitglied daraufhin Anfang März 2024 eine Abmahnung. Die Aussagen stellten eine ehrverletzende Kritik dar und verletzten die Treue- und Loyalitätspflicht im Arbeitsverhältnis. Dem folgte das Arbeitsgericht nicht. Der Aufruf enthalte zum Teil Behauptungen „mit einem wahren Tatsachenkern“, die vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt seien.
So sei es richtig, dass tarifliche Entgeltbestandteile erst mit Verzögerung ausgezahlt und Reinigungsaufträge an externe Dienstleister vergeben würden. Betroffen davon sei eine hohe Anzahl migrantischer Beschäftigter. Im Übrigen handele es sich bei den Aussagen des Beschäftigten um zulässige Werturteile, die die Grenze zur verbotenen Schmähkritik nicht überschreiten.
Zwar wurde das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet. Dennoch hat der Kläger ein Rechtsschutzinteresse auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, so das Arbeitsgericht. Denn es sei denkbar, dass er bei einem anderen Arbeitgeber im öffentlichen Dienst tätig werden wolle und dieser mit seinem Einverständnis Einblick in die Personalakte erhalte. Gegen das Urteil hat die Arbeitgeberin Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg eingelegt. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen 12 SLa 913/25 anhängig.
In einem Parallelfall hatte eine andere Kammer des Arbeitsgerichts am 05.12.2024 jedoch anders entschieden (AZ: 58 Ca 4568/24). Auch in diesem Fall hatte die Universität einem freigestellten Personalratsmitglied wegen desselben Aufrufs eine Abmahnung erteilt.
Die damals zuständige Kammer des Arbeitsgerichts gab der Universität recht. Es handele sich hier um eine ehrverletzende Kritik, die nicht mehr vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei. Gegen dieses Urteil wurde ebenfalls Berufung beim LAG eingelegt (AZ: 23 Sla 94/25). Über dieses Verfahren wollen die Berliner Richter am 02.07.2025 entscheiden.
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