Stirbt ein aktiver Arbeitnehmer, muss der Arbeitgeber noch nicht genommenen Urlaub an die Erben auszahlen. Denn der Urlaubsanspruch wandelt sich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses in einen vererblichen Abgeltungsanspruch, urteilte am Dienstag, 22.01.2019, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 9 AZR 45/16). Es folgte damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg.

Im Streitfall war ein schwerbehinderter Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst im Dezember 2010 verstorben. 25 Urlaubstage hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht genommen. Als Alleinerbin verlangte seine Witwe hierfür eine finanzielle Abgeltung.

Das BAG gab dem nun statt und sprach ihr 5.858,00 € brutto zu. Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, hier durch den Tod des Arbeitnehmers, wandele sich der Urlaubsanspruch in einen Anspruch auf finanzielle Abgeltung um. Dieser gehöre zum Vermögen des Verstorbenen und damit auch zur Erbmasse.

Damit setzte das BAG die Rechtsprechung des EuGH um. Auf Vorlage des BAG hatte dieser zum selben Fall entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub auch durch seinen Tod im laufenden Arbeitsverhältnis nicht untergeht (Urteil vom 06.11.2018, AZ: C-569/16 und C-570/16). Zwar werde der „Erholungszweck“ des bezahlten Jahresurlaubs mit dem Tod hinfällig, die „finanzielle Komponente“ bleibe aber bestehen.

Laut BAG gilt dies in Deutschland nun generell für den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen und auch für den Zusatzurlaub von einer Woche für Schwerbehinderte. Bei weitergehenden Urlaubsansprüchen hängt dies vom Tarif- oder Arbeitsvertrag ab. Im konkreten Fall hat das BAG für den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) eine Vererblichkeit des Abgeltungsanspruchs für den gesamten tariflichen Urlaub bejaht.

Nach einem weiteren Urteil vom selben Tag müssen die Erben aber tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen einhalten, um solche Ansprüche geltend zu machen. Andernfalls würden sie besser gestellt als der verstorbene Arbeitnehmer selbst. Die Ausschlussfrist beträgt häufig drei Monate, im TVöD sind es sechs Monate. Im konkreten Fall hatten hier die Erben die Frist verpasst, so dass sie keine Ansprüche gegen den Arbeitgeber haben (AZ: 9 AZR 149/17).

Nach dem Bundesurlaubsgesetz steht Arbeitnehmern bereits jeweils ab Anfang Juli der volle Jahresurlaub zu. Endet das Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte, wird der Urlaubsanspruch anteilig berechnet. Endet das Arbeitsverhältnis und der Arbeitnehmer hat bereits zu viel Urlaub genommen, muss er dies dem Arbeitgeber nicht erstatten. Dies würde vermutlich auch für die Erben bei Ende des Arbeitsverhältnisses durch Tod gelten, entschieden hat das BAG hierüber aber noch nicht.

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