Der „Haar- und Barterlass“ für die Bundeswehr ist ohne gesetzliche Grundlage rechtswidrig. Denn er greift in die Grundfreiheiten der Soldatinnen und Soldaten ein, wie das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag, 31.01.2019, in Leipzig entschied (AZ: 1 WB 28.17). Bis zu einer gesetzlichen Regelung darf danach der Erlass aber weiter angewandt werden. Zudem bekräftigte der Leipziger Wehrdienstsenat, dass unterschiedliche Regelungen für Männer und Frauen zulässig sind.

Damit hatte ein Stabsfeldwebel der Bundeswehr zwar formal Erfolg, im Ergebnis hilft ihm der Leipziger Beschluss aber nicht. Nach eigenen Angaben ist er Anhänger der Gothic-Kultur und will daher lange Haare tragen. Die entgegenstehenden Vorgaben des Haar- und Barterlasses würden Männer unzulässig diskriminieren.

Nach dem Erlass müssen die Haare männlicher Soldaten „kurz geschnitten sein“ und dürfen den Hemdkragen nicht berühren. Bei Soldatinnen dürfen die Haare immerhin bis zur Schulter fallen. Auch eine längere „Haartracht“ ist ihnen erlaubt, wenn sie im Dienst nach hinten gebunden wird.

In einem Beschluss von 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht den „Haar- und Barterlass“ gebilligt (Beschluss vom 17.12.2013, AZ: 1 WRB 2.12 und 1 WRB 3.12). Die Ungleichbehandlung sei im Interesse der Frauenförderung zulässig. Der Anteil der Soldatinnen sei noch gering, und eine „Tradition“ für ihr Erscheinungsbild habe sich noch nicht herausgebildet.

Unter Hinweis darauf ließ das Bundesverwaltungsgericht auch in seinem neuen Beschluss das Argument der Diskriminierung nicht gelten. „Das Gleichberechtigungsgebot schließt es nicht aus, für Soldatinnen und Soldaten unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Dienstkleidung und Haartracht bei der Dienstausübung vorzusehen.“

Allerdings greife der Erlass in die Freiheit des Einzelnen ein, seine äußere Erscheinung individuell zu gestalten. Ein solcher Eingriff in die Grundrechte sei generell nur mit gesetzlicher Grundlage zulässig. Eine solche fehle jedenfalls seit 2017.

Zuständig für das Erscheinungsbild der Soldatinnen und Soldaten ist der Bundespräsident, er darf dies aber auch an das Verteidigungsministerium delegieren. Die Ermächtigung im Soldatengesetz bezog sich früher auf „die Uniform der Soldaten“. Dies war überwiegend weit ausgelegt und letztlich auf das gesamte Erscheinungsbild bezogen worden.

Nach einer Neufassung aus 2017 bezieht sich die Ermächtigung auf die Uniform und „Kleidungsstücke, die mit der Uniform getragen werden dürfen, ohne Uniformteile zu sein“.

Jedenfalls diese Neufassung könne nicht so verstanden werden, dass sie auch „Körperbestandteile“ wie die Haare umfasst, befand das Bundesverwaltungsgericht.

Weil die Vorgänger-Regelung weiter ausgelegt wurde und angesichts des öffentlichen Interesses an einem zu ihrer Funktionsfähigkeit beitragenden einheitlichen Auftreten der Bundeswehr „sind die Dienstvorschriften bis zu einer gesetzlichen Neuregelung vorläufig weiter anzuwenden“, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Sie enthalten inzwischen auch Regelungen zu Tätowierungen und Piercings.

 

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