Für wohl mehrere hunderttausend kirchliche Arbeitsverhältnisse sind sogenannte Ausschlussfristen fehlerhaft vereinbart. Betroffene Arbeitnehmer können daher noch Forderungen gegen ihren Arbeitgeber geltend machen, die schon Jahre zurückliegen, wie am Mittwoch, 30.10.2019, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschied (AZ: 6 AZR 465/18).
Geklagt hatte ein heutiger Rentner, der von 1996 bis 2016 bei einer Kirchengemeinde im Rheinland als Küster und Reinigungskraft angestellt war. Erst im Ruhestand stellte er fest, dass er von 2005 bis 2015 nach einer zu niedrigen Entgeltgruppe bezahlt worden sei. Für den entgangenen Mehrverdienst fordert er eine Nachzahlung von 14.300,00 €.
Die Kirchengemeinde lehnte dies ab. Sie verwies auf die Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO), auf die der Arbeitsvertrag des früheren Küsters Bezug genommen hatte. Diese enthält eine Ausschlussfrist von sechs Monaten, innerhalb derer Arbeitnehmer Forderungen gegen den Arbeitgeber geltend machen müssen.
BAG gibt dem Kläger Recht
Das BAG bestätigte nun zwar, dass der Verweis auf die KAVO wirksam ist und daher auch die Ausschlussfrist als vereinbart gilt. Gegebenenfalls könne der Rentner aber Schadenersatz verlangen, weil die Gemeinde ihn nicht gesondert auf diese Frist hingewiesen hat.
Hintergrund ist das „Nachweisgesetz“. Dies verpflichtet Arbeitgeber, ihre Beschäftigten über die wichtigsten Regelungen ihres Arbeitsvertrags schriftlich zu informieren. Üblich geschieht dies durch Aufnahme entsprechender Klauseln in den Arbeitsvertrag selbst, eine andere schriftliche Information wäre aber ebenfalls zulässig. Eine Ausnahme besteht laut Gesetz für Tarifverträge; hier reicht die Inbezugnahme aus.
Hierzu urteilte nun das BAG, dass die Ausschlussfristen zu den wichtigen Bedingungen eines Arbeitsvertrags gehören, die der Arbeitgeber schriftlich „nachweisen“ muss. Dies sei hier nicht geschehen.
Die Ausnahmeklausel für Tarifverträge greife hier nicht. Denn kirchliche Arbeitsrechtsregelungen würden nicht unter vergleichbaren Bedingungen wie ein Tarifvertrag ausgehandelt.
Im Ergebnis gilt die Ausschlussfrist zwar als vereinbart. Kirchliche Arbeitnehmer können aber Schadenersatz verlangen und sich darauf berufen, dass sie die Frist nicht kannten, weil der Arbeitgeber nicht entsprechend den Vorgaben des Nachweisgesetzes darüber informiert hat.
Dem klagenden ehemaligen Küster steht daher entsprechend Schadenersatz zu, wenn er tatsächlich fehlerhaft eingruppiert war. Dies soll nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf prüfen.
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