LSG Darmstadt: Zoo Leipzig hat Tierpfleger „entsendet“

Die bezahlte Freistellung eines Zoo-Tierpflegers für die Arbeit in einem vietnamesischen Nationalpark kann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Selbst wenn der deutsche Arbeitgeber dem freigestellten Tierpfleger keine Weisungen für die tägliche Arbeit in Vietnam macht, sprechen das weiterhin bestehende Entgeltverhältnis und die Möglichkeit, ihn wieder nach Deutschland zurückrufen zu können, für ein abhängiges, versichertes Beschäftigungsverhältnis, so das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einer am Montag, 17.08.2020, bekanntgegebenen Urteil (AZ: L 3 U 105/ZVW).

Der klagende, beim Leipziger Zoo beschäftigte Tierpfleger wurde für einen Einsatz in einem vietnamesischen Nationalpark von seiner Arbeit im Zoo freigestellt. Er sollte in Vietnam westliche Standards in der Tierpflege einführen und lokale vietnamesische Tierpfleger entsprechend ausbilden.

Doch als der Mann auf einer Exkursion mit einheimischen Futterpflanzen für Affen suchte, kam es infolge eines Erdrutsches zu einem Sturz. Das linke Bein des Tierpflegers musste daraufhin amputiert werden.

Die Unfallkasse lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Der Tierpfleger sei bei dem vietnamesischen Nationalpark beschäftigt gewesen. Er sei auch dort bezahlt worden. Damit gehöre er nicht zu dem in Deutschland gesetzlich unfallversicherten Personenkreis.

Das LSG stellte mit Urteil vom 17.09.2013 dagegen einen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz fest (AZ: L 3 U 167/11).

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hob diese Entscheidung am 17.12.2018 auf und verwies das Verfahren wegen fehlender Feststellungen an das LSG zurück (AZ: B 2 U 1/14 R). Entscheidend für einen Unfallschutz seien das Weisungsrecht und der Lohnanspruch gegenüber dem inländischen Arbeitgeber.

LSG gibt dem Kläger wiederum Recht

Das wiederum mit dem Fall befasste LSG urteilte am 30.06.2020 erneut, dass ein versicherter Arbeitsunfall vorgelegen habe. Unfallversicherungsschutz bestehe, wenn eine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt wird oder eine Entsendung im Ausland vorliegt. Im Fall einer – hier vorliegenden – Entsendung müsse ein Beschäftigungsverhältnis vor und nach der Entsendung zum entsendenden Arbeitgeber bestehen und der Auslandseinsatz „hinreichend intensiv“ sein.

Auch eine Freistellungsvereinbarung schließe eine Entsendung nicht von vornherein aus. Hier habe ein hinreichend intensives Beschäftigungsverhältnis zum Zoo Leipzig während des Auslandseinsatzes des Tierpflegers bestanden. Dieser sollte westliche Standards in der Tierpflege einführen und lokale Tierpfleger ausbilden. Der Zoo Leipzig habe auch hierfür Kontakt zu dem Tierpfleger gehalten.

Zwar habe der Zoo keine konkreten Weisungen für die Arbeit erteilt; dies sei aber unbeachtlich. Denn die Arbeit des Tierpflegers sei so anspruchsvoll gewesen, dass dieser selbst über die einzelnen Arbeitstätigkeiten entscheiden musste.

Zwar habe der Nationalpark dem Kläger sein Entgelt ausgezahlt. Dieses sei aber vom Leipziger Zoo zuvor überwiesen worden. Der Entgeltanspruch habe gegenüber dem Zoo bestanden. Dieser hätte auch jederzeit den Tierpfleger nach Deutschland zurückbeordern können, so das LSG.

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