LAG Hamm: Haushaltshilfe muss nicht zum nächstmöglichen Termin gehen

Bei der Kündigung einer angestellten Haushaltshilfe ist eine vom Arbeitgeber versehentlich gewählte längere Kündigungsfrist verbindlich. Kündigt der Arbeitgeber „zum nächstmöglichen Termin“ unter Nennung eines fehlerhaft gewählten konkreten Kündigungsdatums, kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur zu dem genannten Datum gelten, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 16.06.2021 (AZ: 10 Sa 122/21).

Im Streitfall war die Klägerin als Haushaltshilfe beschäftigt. Ihr Arbeitgeber verdächtigte sie, wiederholt Gegenstände aus dem Haushalt gestohlen zu haben. Der Frau wurde daraufhin fristlos, hilfsweise „fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30.04.2020“ gekündigt.

Da der Arbeitgeber für den behaupteten Diebstahl keine ausreichenden Anhaltspunkte vorlegen konnte, war die fristlose Kündigung unwirksam. Damit stand nur noch die ordentliche Kündigung im Raum. Die Haushaltshilfe sollte danach zum „nächstmöglichen Termin“ gehen. Laut Bürgerliches Gesetzbuch beträgt die Kündigungsfrist bei einem bis zu zwei Jahre dauernden Arbeitsverhältnis zwar einen Monat zum Ende des Kalendermonats.

Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11.06.2020, gilt diese Kündigungsfrist jedoch nicht für Arbeitsverhältnisse, die ausschließlich in einem privaten Haushalt durchzuführen sind (AZ: 2 AZR 660/19). Im Streitfall wäre mit der „nächstmöglichen Kündigungsfrist“ das Arbeitsverhältnis daher eigentlich nach einem Monat, und zwar bereits am 15.03.2020 aufgelöst worden.

Die Klägerin meinte jedoch, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis erst zum 30.04.2020 beendet habe. Der Arbeitgeber habe dieses Datum konkret genannt. Dies sei dann auch maßgeblich.

Dem stimmte auch das LAG zu. Bei einer Kündigung müsse der Arbeitnehmer erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis beendet sein soll. Grundsätzlich sei eine ordentliche Kündigung zum „nächstmöglichen Termin“ nach der Rechtsprechung des BAG zwar möglich, wenn die geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen erläutert werden (AZ: 6 AZR 805/11; Urteil vom 20.06.2013).

Werde jedoch neben dem „nächstmöglichen Termin“ versehentlich eine zu lang gewählte Kündigungsfrist, hier der 30.04.2020, genannt, sei diese verbindlich. Die gekündigte Haushaltshilfe konnte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben „vernünftigerweise“ von dieser Kündigungsfrist ausgehen. Die konkrete Datumsangabe dürfe nicht einfach ausgeblendet werden, so das LAG.

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