Seniorenheim-Betreiber dürfen bei einem fehlenden Nachweis über eine SARS-CoV-2-Impfung Pflegekräfte von ihrer Arbeit freistellen. Denn der Impf- oder Genesenennachweis wirkt wie eine „berufliche Tätigkeitsvoraussetzung“, entschied das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) in Frankfurt am Main in zwei Beschlüssen vom Donnerstag, 11.08.2022 (AZ: 5 SaGa 728/22 und 7 SaGa 729/22).

Hintergrund des Rechtsstreits ist das im Dezember 2021 geänderte Infektionsschutzgesetz. Danach dürfen seit dem 16.03.2022 in Arztpraxen sowie weiteren Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen nur noch Personen arbeiten, die nachweisen, dass sie gegen Covid 19 geimpft oder davon genesen sind oder eine Impfunverträglichkeit aufweisen. Neueinstellungen von Pflegekräften sind ab diesem Stichtag nur möglich, wenn der entsprechende Nachweis erbracht wird. Bei nicht geimpften Beschäftigten, die bereits vor dem 16. März tätig sind, muss der Arbeitgeber diese dem Gesundheitsamt melden. Die Behörde kann dann ein „Betretungsverbot“ für die Einrichtung aussprechen.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese sogenannte einrichtungsbezogene Nachweispflicht über eine Impfung oder Genesung mit Beschluss vom 27.04.2022 wegen des damit verbundenen „überragenden Ziels“, alte und kranke Menschen zu schützen, für rechtmäßig erklärt (AZ: 1 BvR 2649/21).

Noch keine höchstrichterliche Arbeitsgerichtsentscheidung

Bislang ist rechtlich aber nicht abschließend geklärt, inwieweit ein Arbeitgeber für nicht geimpfte Pflegekräfte selbst ein Arbeitsverbot aussprechen darf.

Im konkreten Fall hatte die Betreiberin eines Seniorenheims zwei nicht gegen Covid 19 geimpfte Pflegekräfte seit dem 16.03.2022 von der Arbeit freigestellt und für sie auch keinen Lohn gezahlt. Der Arbeitgeber begründete die Freistellung mit dem fehlenden Impfnachweis und dem Schutz der alten, behinderten und pflegebedürftigen Bewohner.

Im Eilverfahren wollten die Pflegekräfte die Freistellung vor dem Arbeitsgericht Gießen kippen. In einem weiteren, noch nicht vom Arbeitsgericht Wiesbaden entschiedenen Verfahren verlangten sie zudem den offenen Lohn.

Doch sowohl das Arbeitsgericht Gießen als nun auch das LAG wiesen die gegen die Freistellung gerichteten Eilanträge ab. Die Arbeitnehmerinnen hätten keinen Anspruch darauf, in ihrem Arbeitsverhältnis beschäftigt zu werden, so das LAG. Denn der erforderliche Impfnachweis wirke wie eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung. Diese erfüllten die Pflegekräfte nicht. Das schützenswerte Interesse der Heimbewohnerinnen und -bewohner vor einer Gefährdung ihrer Gesundheit und ihres Lebens bewahrt zu werden, überwiege das Interesse der Pflegekräfte ihre Tätigkeit ausüben zu können.

 

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