Arbeitsgericht Köln: Anspruch gilt auch während der Wartezeit
Schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern darf auch in den ersten sechs Monaten ihres Arbeitsverhältnisses nicht vorbehaltlos gekündigt werden. Denn vor Ausspruch einer Kündigung während der sogenannten Wartezeit muss der Arbeitgeber zunächst das gesetzlich vorgesehene Präventionsverfahren durchführen und gegebenenfalls zusammen mit der Schwerbehindertenvertretung und dem Integrationsamt ausloten, ob eine Weiterbeschäftigung mit Präventionsmaßnahmen doch noch möglich ist, entschied das Arbeitsgericht Köln in einem am Dienstag, 20.02.2024, bekanntgegebenen Urteil (AZ: 18 Ca 3954/23).
Damit gaben die Kölner Arbeitsrichter dem mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehinderten Kläger recht. Der Mann ist seit Januar 2023 bei einer Kommune als „Beschäftigter im Bauhof“ tätig.
Dabei wurde er in verschiedenen Kolonnen des Bauhofs eingesetzt. Ab Ende Mai 2023 war er arbeitsunfähig erkrankt. Am 22.06.2023 und damit innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2023.
Das Arbeitsgericht stellte mit Urteil vom 20.12.2023 fest, dass die Kündigung den Kläger wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiere und deshalb unwirksam sei. Denn die Arbeitgeberin sei – entgegen bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) – nach EU-Recht verpflichtet, auch während der sechsmonatigen Wartezeit ein Präventionsverfahren durchzuführen. Dabei sei gegebenenfalls unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Integrationsamtes zu prüfen, ob für den schwerbehinderten Arbeitnehmer doch noch eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehe.
Hier hätte die Kommune, als sie während der Wartezeit feststellte, dass der Kläger sich nicht bewährte und sich nicht ins Team einfügte, vor Ausspruch der Kündigung Präventionsmaßnahmen ergreifen müssen.
Die Kölner Richter beriefen sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 10.02.2022 (AZ: C-485/20). Danach sind Arbeitgeber angehalten, frühzeitig vor Ausspruch einer Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters „wirksame und praktikable“ Maßnahmen zu ergreifen, um das Arbeitsverhältnis erhalten zu können. Dies könne etwa eine behinderungsgerechte Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Versetzung sein, so der EuGH.
Bildnachweis: © andyller – Fotolia.com
Gesunde Arbeitskultur JETZT
In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-Württemberg tätig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im Gäu, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.
Podcast Arbeitsrecht
In unserem Podcast Arbeitsrecht wollen mein Kollege Jürgen Sauerborn und ich unterhaltsam, kurzweilig und in leicht verständlicher Sprache über Wichtiges und Neues aus dem Arbeitsrecht und dem angrenzenden Sozialrecht informieren.
Monatlicher Newsletter
In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.
Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…
Warum nicht mal Mediation probieren?
Vielleicht sollten es Streitparteien öfters mal mit Mediation versuchen. Ziel einer Mediation ist eine “win-win”-Lösung, bei der am Ende beide Streitparteien als Gewinner hervorgehen und eine eventuell langjährige Geschäftsbeziehung wertschätzend fortgesetzt werden kann.
Trackbacks/Pingbacks