BAG: Entsorgung radioaktiven Abfalls ist dann dem Bergbau zuzuordnen

Beschäftigte in einem Atommülllager unter Tage haben Anspruch auf bezahlte Pausen. Denn die Entsorgung radioaktiver Abfälle unter Tage ist dem „Bergbau“ zuzuordnen, bei dem ausnahmsweise Pausen als Arbeitszeit gewertet werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Montag, 30.03.2020, veröffentlichten Urteil (AZ: 5 AZR 579/18).

Im konkreten Fall arbeitete der Kläger seit 01.08.1993 in einer Zeitarbeitsfirma. Zwischen dem 16.06.2014 und dem 22.12.2017 wurde er in einem Atommülllager unter Tage als schichtführende Aufsichtsperson eingesetzt. Aufgabe war es, in der Schachtanlage gelagerte Atommüllfässer wieder zurückzuholen. So sollten dabei etwa Probebohrungen durchgeführt, die Erkundung des Schachts radiologisch überwacht, Schuttmaterial und Atommüllfässer abtransportiert und Wege gereinigt werden.

Während einer Schicht verbrachte der Kläger seine Pausen in einem Pausen-Container unter Tage. Als das Arbeitsverhältnis beendet wurde, verlangte er von seinem Arbeitgeber für 246 Pausen-Stunden unter Tage eine Vergütung, insgesamt 6.109,00 €. Er verwies auf das Arbeitszeitgesetz, wonach im Bergbau Pausen unter Tage als Arbeitszeit gelten und daher vergütet werden müssen.

Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Pausen seien nach dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ nicht zu vergüten. Um „Bergbau“ habe es sich bei der Rückholung des Atommülls aus der Schachtanlage nicht gehandelt. „Bergbau“ sei vielmehr “das Aufsuchen, Erschließen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen unter Zuhilfenahme technischer Mittel“.

LAG und BAG entscheiden zu Gunsten des Klägers

Doch das BAG sprach in seinem Urteil vom 11.12.2019 ebenso wie das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dem Kläger die gewünschte Vergütung der geleisteten Pausenzeiten zu. Im Bergbau genügten Pausen unter Tage nicht den Anforderungen an eine Ruhepause. Der Erholungswert sei im Verhältnis zu Arbeitnehmern über Tage nur eingeschränkt. So könne der Beschäftigte unter Tage nicht entscheiden, wo und wie er seine Pause verbringen will. Es gebe kein Tageslicht und auch keine frische Luft.

Nach dem Arbeitszeitgesetz zählten daher im Bergbau auch Pausen unter Tage ausnahmsweise zur Arbeitszeit. Was genau unter Bergbau zu verstehen sei, sei zwar nicht definiert. Auch sei die Rückholung von Atommüllfässern nicht im Bundesberggesetz als Bergbau-Tätigkeit aufgeführt. Die darin aufgeführten Tätigkeiten seien jedoch nicht abschließend. Für das Betreiben und die Stilllegung von Untertagedeponien für radioaktive Abfälle seien zudem zwingend bergbaurechtliche Fachkenntnisse erforderlich.

Der Kläger sei auch mit typischen Bergbau-Tätigkeiten beschäftigt gewesen, wie Gesteinsbohrungen, dem Transport von Schuttmaterial, der Inbetriebnahme von Lüftungsrohren oder der Sanierung von Wegen. Damit liege mit den Pausenzeiten unter Tage vergütungspflichtige Arbeitszeit vor. Da im Arbeits- oder Tarifvertrag keine besonderen Vergütungsregelungen bestehen, müssten die Pausen als reguläre Arbeitszeit bezahlt werden.

 

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