BAG: Betriebsrat steht Änderung der Entlohnungsgrundsätze nicht zu

Ein Betriebsrat kann wegen der Anhebung des Mindestlohnes nicht verlangen, dass auch die anderen, betrieblich vereinbarten höheren Grundlöhne steigen. Allein die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes führt nicht zu einem Anspruch auf Änderung mitbestimmter Entlohnungsgrundsätze in einer Betriebsvereinbarung, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Montag, 21.06.2021, veröffentlichten Beschluss (AZ: 1 ABR 21/20). Der gesetzliche Mindestlohn sei „ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt“.

Konkret ging es um einen Betreiber von Einrichtungen für psychisch kranke Menschen. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber hatte sich in einem Betrieb 2018 auf Entlohnungsgrundsätze für die Beschäftigten – überwiegend Sozialarbeiter – geeinigt. Dabei wurde eine Vergütungstabelle erstellt, die in 13 Entgeltgruppen sowie nach sechs Stufen pro Gruppe den Grundlohn aufführte und die entsprechenden Lohnabstände festlegte.

Mit der gesetzlichen Mindestlohnanhebung ab 2019 kam es jedoch zum Streit. Der Arbeitgeber erhöhte bei den unteren Einkommen den Stundenlohn von 8,48 € auf den neuen Mindestlohn von 9,19 €.

Der Betriebsrat pochte auf sein Mitbestimmungsrecht und verlangte, dass gleichzeitig auch die darüber liegenden Einkünfte entsprechend ansteigen müssten. Nach den vereinbarten Entlohnungsgrundsätzen solle der Lohnabstand zwischen den unterschiedlichen Einkommensstufen gewahrt bleiben. Die Stundenlöhne der besser bezahlten Beschäftigten müssten daher prozentual erhöht werden.

Mit Beschluss vom 27.04.2021 wies das BAG die Rechtsbeschwerde des Betriebsrates ab. Der Mindestlohnanspruch sei „ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt“. Daher könne der Betriebsrat auch nicht im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts verlangen, dass die vereinbarten Entlohnungsgrundsätze geändert werden müssten.

Allein die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns bedinge keine Änderung mitbestimmter Entlohnungsgrundsätze, heißt es in dem Beschluss. Wegen der Erhöhung des Mindestlohnes könne der Betriebsrat daher nicht auch eine dynamische Anpassung der vereinbarten darüberliegenden Einkünfte verlangen.

Das im Betriebsverfassungsgesetz enthaltene Mitbestimmungsrecht zu Fragen der betrieblichen Lohngestaltung – insbesondere Entlohnungsgrundsätze – bezwecke „eine gleichberechtigte Teilhabe der Arbeitnehmer an Entscheidungen des Arbeitgebers, die ihre Vergütung betreffen“. Fehle es an einer solchen Entscheidung – wie etwa bei einer Lohnerhöhung wegen des gesetzlichen Mindestlohns – „besteht kein Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrates“, entschieden die obersten Arbeitsrichter.

 

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