LAG Mainz: Arbeitnehmer kann für Berufsfahrten Fahrer einstellen

Verlieren Arbeitnehmer wegen einer Trunkenheitsfahrt für eine Zeit lang ihren beruflich erforderlichen Führerschein, darf der Arbeitgeber nicht automatisch das Arbeitsverhältnis kündigen. Können beruflich bedingte Fahrten auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit einem auf eigene Kosten angestellten Fahrer bewältigt werden, kommt dies als milderes Mittel vor Ausspruch einer Kündigung in Betracht, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 06.09.2021 (AZ: 1 Sa 299/20).

Konkret ging es um einen heute 43 Jahre alten Beschäftigten eines Chemieunternehmens, der regelmäßig Kundenbesuche absolvieren musste. Hierfür erhielt er einen Dienstwagen, den er auch privat nutzen durfte. Bei Fahrten mit dem Dienstwagen war jeglicher Alkoholkonsum verboten.

Doch das hatte der Arbeitnehmer an seinem Geburtstag im Oktober 2019 nicht im Blick. Auf einer privaten Fahrt kam er unter Alkoholeinfluss und mit überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab. An dem Auto entstand ein Schaden in Höhe von 18.000,00 €. Bei dem Mann wurde eine Blutalkoholkonzentration von 1,8 Promille festgestellt.

Das Amtsgericht Ludwigshafen entzog den Führerschein und verhängte eine zwölfmonatige Sperrzeit. Um Kundenbesuche doch noch sicherstellen zu können, schlug der Beschäftigte seinem Arbeitgeber vor, entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren oder auf eigene Kosten einen Fahrer einzustellen, der ihn mit seinem Pkw zu den Kunden bringt.

Doch dazu kam es nicht. Der Arbeitgeber kündigte ihm fristlos aus personenbedingten Gründen, hilfsweise ordentlich. Er sei mit dem Dienstwagen unter Alkoholeinfluss gefahren und habe damit gegen das bestehende Verbot verstoßen. Der Führerscheinentzug habe zur Folge, dass er nicht mehr ausreichend alle Kundenbesuche bewältigen könne.

LAG gibt dem Kläger Recht

Das LAG gab der Kündigungsschutzklage statt. Sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung seien unwirksam. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits am 14.02.1991 geurteilt, dass ein Führerscheinentzug nach einer Trunkenheitsfahrt durchaus eine Kündigung begründen könne, wenn der Arbeitnehmer seine Haupttätigkeit ohne Firmenfahrzeug nicht mehr ausüben könne (AZ: 2 AZR 525/90).

Hier habe der Kläger jedoch bereits vor Erhalt seiner Kündigung angeboten, auf eigene Kosten einen Fahrer einzustellen oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, damit er seine Haupttätigkeit – die Beratung der Kunden – weiter ausüben kann. Dass bei einer Nutzung von Bus und Bahn wegen vermuteter längerer Fahrtzeiten weniger Kunden besucht werden können, habe der Arbeitgeber nicht dargelegt. Auch mit dem Auto könne man in einen Stau geraten.

Zudem habe hier der Kläger vor Ausspruch der Kündigung auch auf die Möglichkeit der Anstellung eines Fahrers auf eigene Kosten verwiesen. Warum dies nicht zumutbar sei und statt einer Kündigung als milderes Mittel nicht in Betracht kommen könne, habe der Arbeitgeber ebenfalls nicht dargelegt.

Allerdings könne auch bei einer Gefährdung von Betriebsmitteln – hier der Dienstwagen – eine Kündigung begründet sein. Der Arbeitgeber hätte hierzu aber erst einmal eine Abmahnung aussprechen müssen. Dass der Kläger künftig wiederholt mit Alkohol auffällt, sei wenig wahrscheinlich. So habe er mittlerweile nicht nur seinen Führerschein zurückerhalten und eine Therapie absolviert. Eine toxikologische Untersuchung habe auch seine Abstinenz belegt. Der Kläger habe daher Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

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