BSG erweitert Unfallversicherungsschutz im Homeoffice

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice stehen für „unmittelbar unternehmensdienliche“ Wege im eigenen Zuhause unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Selbst wenn ein Arbeitnehmer morgens ohne zu frühstücken direkt vom Schlafzimmer in sein Arbeitszimmer will und auf dem Weg stürzt, kann der Unfallversicherungsträger für die Sturzfolgen geradestehen, so die Kasseler Richter (AZ: B 2 U 4/21 R). Maßgeblich sei hierfür, ob der Heimarbeiter tatsächlich die Arbeit beginnen wollte und ob objektive Tatsachen dies auch belegen.

Geklagt hatte ein aus dem Raum Aachen stammender Mann, der als Gebietsverkaufsleiter im Außendienst angestellt ist. Mit Ausnahme von Kundenbesuchen arbeitete er immer vom Homeoffice aus. Normalerweise beginnt er seine Arbeit täglich zwischen 7.00 und 7.30 Uhr, ohne zuvor zu frühstücken.

Als er am 17.09.2018 morgens direkt von seinem Schlafzimmer ins Arbeitszimmer wollte, stürzte er auf der in seinem Haus befindliche Wendeltreppe. Mit einem gebrochenen Brustwirbel lag er bewegungsunfähig vor seiner Arbeitszimmertür. Als der verständigte Notarzt den Mann mitnahm, machte die Ehefrau des Klägers noch ein Foto.

Die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik lehnte die Anerkennung des Sturzes als Arbeitsunfall ab. Ein Wegeunfall liege nicht vor. Dieser solle vor den Gefahren des Verkehrs schützen und nicht innerhäusliche Wege absichern. Auch ein versicherter Betriebsweg bestehe nicht, da der Kläger seine versicherte Tätigkeit noch nicht aufgenommen habe.

Der Kläger argumentiert, dass seine alleinige Handlungstendenz darauf gerichtet war, seine Arbeit im Arbeitszimmer zu beginnen. So wie er, würden auch gerade angesichts der Corona-Pandemie viele Menschen im Homeoffice arbeiten. Diese dürften hinsichtlich des Unfallversicherungsschutzes nicht schlechter dastehen als Arbeitnehmer in einem Betrieb.

Das BSG gab der Klage statt und stellte einen versicherten Arbeitsunfall fest. Es liege zwar kein versicherter Wegeunfall vor, bei dem Arbeitnehmer auf dem Weg von und zur Arbeit versichert sind. Dieser Versicherungsschutz gebe es erst ab dem Durchschreiten der Haustür.

Der Kläger habe aber einen Unfall auf einen versicherten Betriebsweg erlitten. Die objektiven Umstände des Falls zeigten, dass die Handlungstendenz des Klägers allein darauf ausgerichtet war, die Arbeit zu beginnen. „Das Hinabsteigen der Treppe war unmittelbar unternehmensdienlich“, so das BSG. Der Unfall habe sich auch zu einer Zeit ereignet, an der der Mann immer seine Arbeit beginnt.

Auf die im Zuge der Corona-Pandemie am 18.06.2021 in Kraft getretene gesetzliche Neuregelung zum Homeoffice sei es hier nicht angekommen. Danach besteht im Homeoffice in „gleichem Umfang“ Versicherungsschutz wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte. Das könnte dann etwa für Wege von oder zur Toilette oder wegen der Essensaufnahme zur Küche gelten. Entsprechende Wege stehen zumindest auf einem Betriebsgelände unter Unfallschutz. Für das Homeoffice hatte das BSG darüber aber noch nicht zu entscheiden.

Bereits am 27.11.2018 hatten die obersten Sozialrichter geurteilt, dass ein Sturz auf einer Treppe im privaten Zuhause „nicht schon deshalb verneint werden (kann), weil die Treppe nicht überwiegend dienstlichen Zwecken dient“. Es könne ein versicherter Betriebsweg und damit Arbeitsunfall vorliegen, wenn sich im selben Haus auch die private Wohnung befindet – und zwar sowohl ein Sturz auf dem Weg zwischen zwei beruflich genutzten Räumen (AZ: B 2 U 8/17 R) als auch bei dem Weg von einem Außentermin zum Büro (AZ: B 2 U 28/17 R).

Ähnlich hatte der BSG-Unfallsenat auch am 31.08.2017 zu einem Unfall in der eigenen Wohnung entschieden. Damals hatte eine Friseurmeisterin in ihrer Wohnung Geschäftswäsche gewaschen und war in dem Flur vor der Waschküche gestürzt (AZ: B 2 U 9/16 R).

Bildnachweis: © Trueffelpix – Fotolia.com

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