LAG Köln: Gemeindemitarbeiterin durfte Mail an Pastor nicht lesen

Liest eine Mitarbeiterin einer evangelischen Kirchengemeinde unbefugt eine an den Pastor gerichtete private E-Mail und leitet den Inhalt an dritte Personen weiter, muss sie mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Denn mit der Weitergabe der fremden Daten wurden die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen verletzt und das für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensverhältnis „unwiederbringlich zerstört“, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem am Montag, 03.01.2022, bekanntgegebenen Urteil (AZ: 4 Sa 290/21).

Geklagt hatte eine Verwaltungsmitarbeiterin, die seit 23 Jahren in einer evangelischen Kirchengemeinde arbeitete. Im Rahmen ihrer Buchhaltungsaufgaben hatte sie auch Zugang zum Dienstcomputer des Pastors. Doch statt sich allein um die Buchhaltung zu kümmern, las sie auch eine an den Pastor gerichtete private E-Mail.

In der E-Mail wurde der Geistliche darüber informiert, dass ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine Asylbewerberin läuft. Diese befindet sich im Kirchenasyl der evangelischen Gemeinde. Im E-Mail-Anhang befand sich ein Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau.

Die Verwaltungsmitarbeiterin speicherte den Anhang auf einen USB-Stick und leitete diesen eine Woche später anonym an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeinde weiter.

Nachdem die Klägerin als Versenderin des Chat-Verlaufs ermittelt werden konnte, kündigte die Kirchengemeinde ihr fristlos. Vor Gericht begründete die Gemeindemitarbeiterin ihr Vorgehen damit, dass sie die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern wollte.

Arbeitsgericht entschied noch zugunsten der Klägerin

Während das Arbeitsgericht Aachen die fristlose Kündigung wegen der langen Beschäftigungszeit und mangels Wiederholungsgefahr als unverhältnismäßig ansah, hielt nun das LAG die Entlassung der Frau für gerechtfertigt.

Mit dem Lesen der privaten E-Mail und der Weitergabe der fremden Daten habe die Klägerin die Persönlichkeitsrechte verletzt und schwerwiegend gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht verstoßen, so das LAG in seinem Urteil vom 02.11.2021. Das für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensverhältnis sei unwiederbringlich zerstört worden. Dass die Klägerin Beweise sichern und die Asylbewerberin schützen wollte, könne ihr Verhalten nicht rechtfertigen. Denn mit ihrer Vorgehensweise habe die Klägerin diese Ziele nicht erreichen können.

Wegen der Schwere der Pflichtverletzung überwiege „das Lösungsinteresse der Gemeinde das Beschäftigungsinteresse der Klägerin deutlich“, heißt es weiter in dem Urteil. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt wurde nicht zugelassen.

 

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