Arbeitsgericht Köln: Erzbistum Köln entließ zu Unrecht Justiziarin

Das Erzbistum Köln durfte seiner Justiziarin nicht wegen der Mitnahme eines Bürostuhls in ihr Homeoffice fristlos kündigen. Auch die „Versetzung in den Ruhestand“ wegen der dauernden Dienstunfähigkeit der Frau ist unwirksam, urteilte am Dienstag, 18.01.2022, das Arbeitsgericht Köln (AZ: 16 Ca 4198/21). Die Justiziarin hatte ihre psychische Erkrankung mit den Belastungen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der zahlreichen Missbrauchsfälle im Erzbistum begründet.

Die seit 2008 im Erzbistum Köln beschäftigte Klägerin war als Justiziarin und Leiterin der Stabsabteilung Recht tätig. Wegen der Corona-Pandemie hatte das von Erzbischof Rainer Maria Woelki geleitete katholische Bistum kurz vor Ostern 2020 für die Arbeit im Homeoffice plädiert.

Die Justiziarin kam dem nach, nahm jedoch, ohne zu fragen, hierfür einen Bürostuhl mit nach Hause.

Seit Januar 2021 war die Frau erkrankt. „Spiegel-Online“ zufolge handelte es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung, die sie wegen ihrer intensiven Beschäftigung mit den zahlreichen Missbrauchsfällen im Erzbistum erlitten hatte. Zu ihrer Arbeit gehörte dabei auch die Beschäftigung mit dem Missbrauchsgutachten der Münchener Kanzlei Westphal Spilker Wastl. Das Gutachten wurde wegen rechtlicher Bedenken von Woelki zurückgehalten und durch ein neues ersetzt. Bundesweit sorgte dies für erhebliche Unruhe gerade unter katholischen Gläubigen und für zahlreiche Kirchenaustritte.

Als im Streitfall das Erzbistum feststellte, dass die Justiziarin den Bürostuhl ohne Erlaubnis mit ins Homeoffice genommen hatte, hielt es eine weitere Zusammenarbeit für unzumutbar. Wegen des „Diebstahls“ wurde der Frau am 22.07.2021 fristlos gekündigt. Da sie bereits seit Januar 2021 fortdauernd erkrankt ist, wurde sie am 28.07.2021 zusätzlich in den Ruhestand versetzt.

Arbeitsgericht entscheiden teilweise zugunsten der Klägerin

Die Juristin zog gegen die Kündigung und die Ruhestandsversetzung vor das Arbeitsgericht. Sie verlangte zudem ein Schmerzensgeld von mindestens 50.000,00 €. Sie sei unzureichend für die Bearbeitung der Missbrauchsfälle geschult worden. Eine Supervision habe es nicht gegeben. Damit habe das Erzbistum seine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber verletzt.

Das Arbeitsgericht urteilte, dass die fristlose Kündigung wegen des mitgenommenen Bürostuhls unwirksam sei. Zwar könne die „unabgesprochene Mitnahme“ von Arbeitgebereigentum eine fristlose Kündigung begründen. Hier reiche dies aber nicht aus. Denn der Arbeitgeber habe der Homeoffice-Tätigkeit Vorrang vor der Präsenztätigkeit im Büro eingeräumt, ohne dafür die notwendige Ausstattung zur Verfügung zu stellen.

Auch die Versetzung in den Ruhestand sei unwirksam. Die dafür notwendige Prognose einer dauerhaften Dienstunfähigkeit sei nicht korrekt erstellt worden.

Ein Schmerzensgeld könne die Klägerin aber nicht verlangen. Die Justiziarin hätte im Zusammenhang mit den Belastungen um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle selbst um eine für sie notwendige Unterstützung beim Erzbistum nachsuchen müssen.

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