LAG Stuttgart: Elternzeit endet bei Auszug der Kinder

Ist die Betreuung und Erziehung eines Kindes während einer begonnenen Elternzeit nicht mehr möglich, endet die Elternzeit vorzeitig. Betroffene Elternteile stehen dann nicht mehr unter besonderem gesetzlichen Kündigungsschutz, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 17.09.2021 (AZ: 12 Sa 23/21).

Die Klägerin war wegen der Geburt von Zwillingen 2019 in Elternzeit gegangen. Diese sollte bis zum 29.04.2022 andauern. Ab Mai 2020 wollte die angestellte Managerin während der Elternzeit in Teilzeit arbeiten. Doch in der ersten Jahreshälfte 2020 überschlugen sich die Ereignisse.

Für die Frau wurde vom Amtsgericht die Betreuung angeordnet. Auf Anweisung des Jugendamtes verließ der Ehemann mitsamt den Zwillingen und einem weiteren gemeinsamen Kind das Haus der Familie. Sie kamen bei Freunden unter. Die Mutter war aber weiterhin durchgehend sorgeberechtigt und hatte regelmäßig Kontakt zu den Kindern.

Nachdem ihr Arbeitgeber ein ärztliches Attest über ihre vollständige Arbeitsfähigkeit verlangt hatte, wurden auf dem Facebook-Profil der Klägerin mehrere diffamierende Nachrichten über Vorgesetzte sowie über Kolleginnen und Kollegen mitsamt deren Fotos für alle einsehbar veröffentlicht. Ein Vorgesetzter sei „alt und unfähig“, ein weiterer sei ein verheirateter Loser, der eine intime Beziehung mit mindestens einer Arbeitskollegin unterhalte.

Der Arbeitgeber kündigte der Frau fristlos, hilfsweise ordentlich. Die fristlose Kündigung ging der Klägerin einen Tag später, nachdem ihr Mann und die Kinder ausgezogen waren, zu.

Die Frau hielt die Kündigung für unwirksam. Zum einen genieße sie währen der Elternzeit besonderen Kündigungsschutz, zum anderen sei ihr Facebook-Konto wohl gehackt worden. Sie habe die Nachrichten nicht verfasst.

Doch die Kündigungsschutzklage hatte vor dem LAG keinen Erfolg. Kündigungsschutz gebe es nur „während der Elternzeit“. Dabei sei Zweck der Elternzeit, dass sich ein Elternteil der Betreuung und Erziehung des Kindes widmen kann. Gehe die Betreuung auf eine andere Person über, habe die Elternzeit faktisch keine Grundlage mehr.

Zwar müsse der Arbeitgeber im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit einer vorzeitigen Beendigung der Elternzeit zustimmen. Dies gelte aber nur, wenn sich an den Voraussetzungen der Elternzeit nichts geändert hat. Hier seien die Voraussetzungen der Elternzeit aber mit dem Auszug der Kinder und der fehlenden fortdauernden Kindesbetreuung entfallen. Besonderer Kündigungsschutz habe nicht mehr bestanden, da das Kündigungsschreiben einen Tag nach dem Auszug der Kinder und damit nach der beendeten Elternzeit zugegangen war.

Der Arbeitgeber habe der Frau wegen der Facebook-Posts auch fristlos kündigen dürfen. Denn es habe sich um öffentlich zugängliche Schmähkritik von Vorgesetzten und Beschäftigten gehandelt, die der Arbeitgeber nicht hinnehmen müsse.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Revision beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt eingelegt. Dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen 2 AZR 466/21 anhängig.

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