BAG: Zehn Minuten Bedenkzeit ohne Rechtsbeistand sind nicht unfair
Ein Angebot des Arbeitgebers zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrags darf unter dem Vorbehalt der „sofortigen Annahme“ stehen. Eine Bedenkzeit von zehn Minuten verstößt nicht gegen das „Gebot fairen Verhandelns“, urteilte am Donnerstag, 24.02.2022, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 6 AZR 333/21). Danach dürfen Arbeitgeber für den Fall der Nichtunterzeichnung auch weitere Schritte wie eine Strafanzeige ankündigen, wenn diese den Umständen nach ernsthaft in Betracht kommen.
Die Klägerin war „Teamkoordinatorin Verkauf“ für den Bereich Haustechnik. Im November 2019 konfrontierte der Geschäftsführer der Firma sie mit dem Vorwurf, in der unternehmensinternen EDV bestimmte Einkaufspreise reduziert zu haben. Dadurch habe sie höhere Verkaufsgewinne vortäuschen und so ihre eigene Erfolgsbilanz schönen wollen.
In diesem Gespräch bot der Arbeitgeber eine Auflösung des Arbeitsvertrags mit einer Frist von acht Tagen an. Das Angebot gelte aber nur, wenn die Teamkoordinatorin sofort unterschreibt. Sie tat dies nach einer Schweigepause von zehn Minuten.
Vor Gericht machte sie später geltend, ihr Arbeitgeber habe gegen das „Gebot fairen Verhandelns“ verstoßen. Die Bedenkzeit von nur zehn Minuten sei zu kurz gewesen, und sie habe sich keinen rechtlichen Rat holen können. Auch habe der Geschäftsführer mit einer fristlosen Kündigung und einer Strafanzeige gedroht, wenn sie nicht unterschreibe. Der Aufhebungsvertrag sei daher unwirksam.
Wie schon das Landesarbeitsgericht Hamm wies nun auch das BAG die Klage ab. Danach ist es zulässig, wenn Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag „nur zur sofortigen Annahme“ unterbreiten.
Ob der Geschäftsführer die Drohungen so geäußert hat, war umstritten. Das BAG konnte dies aber offenlassen. „Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen“, betonten die Erfurter Richter. Dies sei keine reine Einschüchterung gewesen. Daher habe der Geschäftsführer „nicht unfair verhandelt“.
Dass für Arbeitgeber grundsätzlich ein „Gebot fairen Verhandelns“ besteht, hatte derselbe 6. BAG-Senat bereits am 07.02.2019 entschieden (AZ: 6 AZR 75/18).
Monatlicher Newsletter
In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.
Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…
Beratung im Arbeitsrecht notwendig?
Falls Sie eine arbeitsrechtliche Beratung benötigen, rufen Sie mich umgehend an.
Mein XING-Profil finden Sie hier.
Bildnachweis: © Monkey Business – Fotolia.com
Wenn´s nicht ums Recht, sondern ums Bier geht…
Neueste Kommentare