EuGH rügt gleiche Gesamtstunden-Grenze wie bei Vollzeitbeschäftigten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat den Zugang von Teilzeitbeschäftigten zu Mehrarbeitszuschlägen erleichtert. Regelungen, wonach sie die Zuschläge erst ab der gleichen Gesamtstundenzahl wie Vollzeitbeschäftigte erhalten, sind in der Regel unzulässig, entschied der EuGH in einem am Donnerstag, 19.10.2023, in Luxemburg verkündeten Urteil (AZ: C-660/20). Das Argument, die Zuschläge sollten eine „besondere Arbeitsbelastung“ ausgleichen, die erst ab einer bestimmten Stundenzahl bestehe, greift danach wohl nicht.

Im Ergebnis ähnlich hatte der EuGH bereits am 27.05.2004 entschieden (AZ: C-285/02). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt war dem mit einem Urteil vom 19.12.2018 gefolgt (AZ: 10 AZR 231/18). Dennoch blieb die Frage der Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitkräfte in Deutschland weiter umstritten. Mit Beschluss vom 11.11.2020 legte das BAG daher die Klage eines Piloten dem EuGH zur Prüfung vor (AZ: 10 AZR 185/20 (A) ).

Der Pilot arbeitet im Umfang von 90 Prozent einer Vollzeitstelle bei der Lufthansa CityLine. Nach dem dort geltenden Tarif müssen bestimmte Schwellenwerte an Flugstunden überschritten sein, um eine in drei Stufen erhöhte „Mehrflugdienststundenvergütung“ zu erhalten. Diese „Auslösegrenzen“ sind für Voll- und Teilzeitbeschäftigte gleich.

Mit seiner Klage rügt der Pilot eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten. Die „Auslösegrenzen“ für die Zuschläge müssten entsprechend seiner geringeren Arbeitszeit herabgesetzt werden.

Lufthansa CityLine lehnt dies ab. Die Zuschläge sollten „eine besondere Arbeitsbelastung“ ausgleichen. Diese bestehe erst, wenn die tariflichen Auslösegrenzen überschritten seien.

EuGH entschiedet zugunsten des Mitarbeiters

Der EuGH betonte nun, dass Teilzeitbeschäftigte bei solchen Regelungen erst mit deutlich mehr Überstunden in den Genuss der Zuschläge kommen. „Teilzeitbeschäftigte Piloten werden damit in höherem Maß belastet und werden die Anspruchsvoraussetzungen für die zusätzliche Vergütung weitaus seltener erfüllen als ihre vollzeitbeschäftigten Kollegen.“

Dies bedeute „eine schlechtere Behandlung“ der Teilzeit-Piloten. Dies sei nur dann mit EU-Recht vereinbar, wenn es für die schlechtere Behandlung sachliche Gründe gibt. Dies müssten „konkrete Umstände“ oder legitime sozialpolitische Ziele des jeweiligen Mitgliedstaats sein, stellten die Luxemburger Richter klar. Das könne etwa der Umstand sein, dass Teilzeitbeschäftigten überwiegend andere Aufgaben zugewiesen werden als den Vollzeitbeschäftigten.

Dem Argument, die Zuschläge sollten eine „besondere Arbeitsbelastung“ ausgleichen, die erst ab einer bestimmten Stundenzahl auftrete, begegnete der EuGH mit Skepsis. Hier sei dieser Grund im einschlägigen Tarifvertrag gar nicht benannt. Zudem habe Lufthansa CityLine eingeräumt, dass den tariflichen „Auslösegrenzen“ weder wissenschaftliche Erkenntnisse noch allgemeine Erfahrungswerte zugrunde liegen. Auch verwiesen die Luxemburger Richter darauf, dass die Arbeitsbelastung von der individuellen Situation abhängen und daher bei Voll- und Teilzeitbeschäftigten unterschiedlich sein könne.

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