Arbeitsgericht Bonn: Arbeitnehmer steht kein Schadenersatz zu

Arbeitnehmer haben bei einer unwirksamen Kündigung grundsätzlich Anspruch auf den entgangenen Lohn, nicht aber auf Schadenersatz für höhere Fahrtkosten wegen einer zwischenzeitlich neu aufgenommenen Beschäftigung. Denn ein Schaden ist immer ein „unfreiwilliger Nachteil“, worunter Fahrtkosten zu einer freiwillig aufgenommenen anderweitigen Beschäftigung nicht fallen, entschied das Arbeitsgericht Bonn in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24.04.2024 (AZ: 5 Ca 1149/23). Die Bonner Richter ließen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Berufung zu.

Im konkreten Fall war dem Kläger mit Schreiben vom 13.09.2021 fristlos gekündigt worden. Er erhob Kündigungsschutzklagen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht erklärten die fristlose Kündigung für unwirksam. Zwischenzeitlich hatte der Kläger nach einer kurzen Phase der Arbeitslosigkeit eine neue Stelle gefunden.

Mit der gewonnenen Kündigungsschutzklage verlangte der Kläger nun von seinem vorherigen Arbeitgeber Annahmeverzugslohn, also den Lohn, den er bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. Der Kläger schätzte diesen auf über 105.000,00 € brutto. Davon seien sein anderweitiger Verdienst aus dem zwischenzeitlich aufgenommenen Arbeitsverhältnis, der bereits gezahlte Annahmeverzugslohn sowie das bezogene Arbeitslosengeld abzuziehen. Somit seien ihm noch 14.035,00 € brutto nebst Zinsen nachzuzahlen.

Außerdem machte er Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitgeber geltend. Aufgrund der unwirksamen Kündigung habe er sich eine anderweitige Arbeitsstelle gesucht, die viel weiter entfernt gewesen sei. Der Weg zu seinem ursprünglichen Arbeitsplatz habe nur 13 bis 16 Kilometer betragen, während der neue Arbeitsplatz bis zu 62 Kilometer entfernt gewesen sei. Für 317 Fahrten seien auf Basis einer Kilometerpauschale von 0,30 € zusätzliche Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 9.391,80 € entstanden.

Der Arbeitgeber hielt die Berechnung des Annahmeverzugslohns für fehlerhaft und lehnte den Schadenersatzanspruch gänzlich ab. Der Kläger habe zu Unrecht Mehrarbeitszuschläge, Nacht-, Schicht- und Sonntagszuschläge in seine Schäzung des entgangenen Lohns einbezogen.

Zulässig sei nur eine Durchschnittsbetrachtung über eine größere Gruppe vergleichbarer Produktionsmitarbeiter und die dabei ermittelten durschnittlichen Zuschläge.

Das Arbeitsgericht sprach dem Kläger die geforderten 14.035,00 € Annahmeverzugslohn nebst Zinsen zu. Zu zahlen sei die Vergütung, „die der Dienstpflichtige bei Weiterarbeit erzielt hätte“. Dazu gehörten alle Leistungen mit „Entgeltcharakter“ – und damit auch die steuerbegünstigten Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit. Fehlten bei schwankender Vergütung – wie im vorliegenden Fall – hierzu konkrete Vereinbarungen, sei der Annahmeverzugslohn zu schätzen. Dabei sei nicht auf den Durchschnittsverdienst einer repräsentativen Gruppe abzustellen, sondern es sei der entgangene individuelle Verdienst zu ermitteln. Hier habe der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass er vor seiner Kündigung besonders viele Überstunden geleistet habe.

Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf Schadenersatz für den weiteren Weg zu seiner anderweitig aufgenommenen Beschäftigung. Denn ein Schaden sei stets ein „unfreiwilliger Nachteil“. Der Kläger habe den weiteren Weg zur neuen Arbeitsstelle aber freiwillig und eigenverantwortlich auf sich genommen. Es handele sich hier um Aufwendungen aus dem Privatbereich des Arbeitnehmers, für die der Arbeitgeber nicht aufkommen müsse.

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