Unternehmen und Behörden fällt es zunehmend schwer, Arbeitsplätze zu besetzen.  Die Zahl der offenen Stellen in Deutschland ist wegen der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr um fast eine halbe Million gesunken. Sie fiel zwischen April und Juni zum Vorjahresquartal um 496.000 oder knapp 36 Prozent auf 893.000, wie das Forschungsinstitut IAB der Bundesagentur für Arbeit kürzlich bekanntgab. Weil zugleich die Arbeitslosigkeit zunahmen, kam auf 3,1 Arbeitslose nur noch eine offene Stelle. Im Vorjahresquartal lag dieser Wert noch bei 1,6. Zu dieser äußerst problematischen Situation kommt noch hinzu, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, die im Zusammenhang mit Bewerbungsverfahren zu beachten sind, in den letzten Monaten und Jahren komplizierter geworden sind.

Diese Artikelserie möchte daher Hilfestellung bieten und auf die wichtigsten „Stolperfallen“ eingehen:

Hier gelangen Sie zu Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5.

8. Schwerbehinderte Bewerber

In Deutschland gibt es rund 3,3 Millionen Schwerbehinderte im erwerbsfähigen Alter. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegt. Behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber mindestens 30 können den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden (§ 2 Abs. 3 SGB IX).

Schwerbehinderte genießen besonderen Schutz und Förderung im Arbeitsleben. Arbeitgeber mit mehr als 20 Arbeitsplätzen müssen wenigstens fünf Prozent davon für Schwerbehinderte bereitstellen. Andernfalls ist eine monatliche Ausgleichsabgabe für jeden nicht beschäftigten Schwerbehinderten an das Integrationsamt zu entrichten (§ 160 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Ausgleichsabgabe soll einen finanziellen Ausgleich gegenüber den Arbeitgebern schaffen, die Schwerbehinderte beschäftigen und denen dadurch erhöhte Kosten entstehen. Sie soll außerdem Arbeitgeber dazu anzuhalten, ihre Beschäftigungspflicht zu erfüllen.

Eine Pflicht zur Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen besteht für Arbeitgeber somit nicht. Jedoch besteht nach § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX eine besondere Prüfpflicht. Danach sind Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Die Prüfpflicht zur Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen besteht immer und für alle Arbeitgeber und unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, so stellt dies ein Indiz dafür dar, dass er einen abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förderungspflichten unbeachtet gelassen hatte.

Öffentliche Arbeitgeber müssen schwerbehinderte Menschen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen (§ 165 SGB IX). Eine Einladung ist nur entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

9. Mitarbeitervertretung

Besteht eine Mitarbeitervertretung (z. B. Betriebsrat, Personalrat, Schwerbehindertenvertretung, etc.), so sind vom Arbeitgeber eine Vielzahl weiterer gesetzlicher Vorgaben und Beteiligungsrechte der jeweiligen Mitarbeitervertretung im Rahmen des Bewerbungsverfahrens zu berücksichtigten.

 10. Fazit

Die Suche nach neuen Mitarbeitern stellt für Arbeitgeber eine gefahrgeneigte Tätigkeit dar. Insbesondere AGG, BDSG, DSGVO, SGB IX enthalten zahlreiche Verpflichtungen für Arbeitgeber, die im Bewerbungsverfahren zu beachten sind. Bei Verstößen drohen ihnen Geldbußen, Geldstrafen und Schadensersatzansprüche. Bei Unsicherheiten und Zweifelsfällen empfiehlt es sich, kompetente rechtliche Unterstützung zu suchen, als durch einen kleinen Fehler gravierende Rechtsnachteile zu erleiden. Aber auch Bewerber sollten sich vor Augen halten, dass die wahrheitswidrige Beantwortung von zulässigen Fragen den Job kosten kann.

 

 

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