Geringfügig Beschäftigte und hauptamtliche Voll- und Teilzeitkräfte müssen bei gleicher Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten. Die Möglichkeit zur freien Dienstwahl eines als Minijobber tätigen Rettungsassistenten ist kein sachlicher Grund für eine geringere Entlohnung, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) München in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 19.01.2022 (AZ: 10 Sa 582/21). Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt wurde allerdings zugelassen.

Der im Streitfall klagende Rettungsassistent arbeitet seit April 2015 als geringfügig Beschäftigter in einem Unternehmen, welches für den Rettungszweckverband Notfallrettung im Raum München unter anderem Rettungsdienst- und Krankentransportleistungen erbringt. Durchschnittlich arbeitete er 16 Stunden pro Woche zu einem Stundenlohn von 12,00 € brutto.

Feste, vom Arbeitgeber vorgegebene Dienste gab es nicht. Der Arbeitgeber fragte vielmehr beim Kläger per WhatsApp an, ob er Dienste besetzen will, die dieser aber nicht annehmen musste. Auch Wunschtermine für Einsätze konnten benannt werden.

Bei hauptamtlichen Vollzeit- und Teilzeit-Rettungsassistenten wurden dagegen die abzuleistenden Dienste fest vorgegeben. Dafür erhielten sie aber auch einen deutlich höheren Stundenlohn in Höhe von 17,00 € brutto.

Der Kläger sah darin eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Minijobber. Er leiste die gleiche Arbeit und müsse daher auch den gleichen Stundenlohn erhalten. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz dürften teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht schlechter behandelt werden als Vollzeitkräfte. Das gesetzliche Benachteiligungsverbot gelte auch, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer untereinander unterschiedlich behandelt werden, hier die Minijobber einerseits und die hauptamtlichen Teilzeitkräfte andererseits.

Der Arbeitgeber begründete die unterschiedliche Bezahlung damit, dass geringfügig Beschäftigte ihre Einsätze und die Arbeitszeit frei wählen könnten. Die wenig flexiblen Arbeitszeiten bei den regulär Beschäftigten rechtfertigten einen höheren Stundenlohn. Bei ihnen profitiere das Unternehmen von einer höheren Planungssicherheit.

LAG entscheidet zugunsten des Arbeitnehmers

Das LAG sprach dem Kläger jedoch einen Lohnnachschlag in Höhe von knapp 3.300,00 € zu. Er habe Anspruch auf die gleiche Stundenvergütung wie die regulär Beschäftigten. Die Praxis, geringfügig Beschäftigten eine geringere Vergütung pro Stunde zu zahlen, verstoße gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot.

„Die unterschiedliche Behandlung einer Gruppe teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer gegenüber den vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber eine andere Gruppe teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht benachteiligt“, so das LAG mit Verweis auf ein Urteil des BAG vom 19.01.2016.

Ein ausreichender sachlicher Grund für das Vorgehen des Arbeitgebers liege nicht vor. Der Arbeitgeber gebe als Grund für die höhere Bezahlung der Hauptamtlichen deren nicht frei wählbaren Dienste und eine damit einhergehende höhere Planungssicherheit an.

Der Arbeitgeber könne nach der Gewerbeordnung aber sowieso Beschäftigte anweisen, wann sie ihre Arbeit erbringen müssen, es sei denn, dies ist – etwa im Arbeitsvertrag – anders geregelt. Doch selbst wenn man davon ausgehen würde, dass bei Minijobbern die freie Wahl ihrer Dienste ein geringerer Stundenlohn rechtfertigen könne, rechtfertige dies nicht den im Streitfall bestehenden Unterschied von 43 Prozent des Stundenlohns, urteilte das LAG.

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