LAG Mainz: Urlaubsanspruch nach Kündigung verfallen

Ohne ausreichenden Nachweis über eine Schwerbehinderung können schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ihren gesetzlichen Zusatzurlaub verlangen. Weiß der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderung oder ist diese nicht offensichtlich, verfällt der Anspruch auf den Zusatzurlaub mit Ablauf des Urlaubsjahres, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 30.03.2023 (Az.: 5 Sa 71/22).

Im aktuellen Rechtsstreit war der Kläger vom 22.08.2016 bis zu seiner Kündigung zum 15.02.2019 als Sicherheitskraft angestellt.

Seit Oktober 2014 ist er als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.

Als das Arbeitsverhältnis endete, verlangte der Kläger unter anderem noch die Abgeltung für den nicht genommenen gesetzlichen Urlaub für schwerbehinderte Menschen. Pro Jahr sind dies fünf zusätzliche Urlaubstage. Für die Jahre 2016 bis 2018 machte der Kläger geltend, dass sein Arbeitgeber ihn nicht über die ihm zustehenden Zusatzurlaubstage wegen Schwerbehinderung informiert oder dazu aufgefordert hat, diese zu nehmen. Für insgesamt zwölf nicht genommene Zusatzurlaubstage verlangte der Kläger eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.113,00 €.

Der Arbeitgeber meinte, dass die Urlaubsansprüche verfallen seien. Er habe gar nichts von der Schwerbehinderung gewusst.

Der Kläger war dagegen der Ansicht, dass ein Arbeitgeber vorsichtshalber alle Mitarbeiter über mögliche Zusatzurlaubstage aufgrund einer Schwerbehinderung unterrichten muss. Unabhängig davon habe der Arbeitgeber auch Kenntnis von der Schwerbehinderung gehabt. So habe er für seine Anstellung sogar einen Eingliederungszuschuss von der Arbeitsagentur erhalten. Er sei auch nicht in Nachtdienste eingeteilt worden, da seine Herzerkrankung auf seine Schwerbehinderung hingedeutet habe.

Das Verfahren landete beim Bundesarbeitsgericht (BAG). Die Erfurter Richter hatten in ihrem Urteil vom 30.11.2021 deutlich gemacht, dass der gesetzliche Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen regelmäßig nach Ablauf des Jahres verfällt, wenn der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderung wusste oder diese nicht offenkundig war. Vorsorglich generell alle Beschäftigten über den Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung zu informieren, müsse der Arbeitgeber nicht. Der Arbeitgeber könne vielmehr „erwarten, dass ein Arbeitnehmer ihm seine Schwerbehinderteneigenschaft mitteilt“, so das BAG. Da das LAG Mainz hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, wurde das Verfahren zurückverwiesen.

Das LAG gab nun dem Arbeitgeber recht. Die Zusatzurlaubstage seien verfallen. Der Kläger habe nicht darlegen können, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung bekannt war. Allein das Vorliegen einer Herzerkrankung sei noch kein Beleg. Die Anstellung des Klägers sei zwar von der Arbeitsagentur mit einem Eingliederungshilfezuschuss von 50 Prozent des Arbeitseinkommens gefördert worden. Eine Förderung für die Anstellung schwerbehinderter Menschen, für die es einen Zuschuss von 70 Prozent gebe, sei aber nicht bewilligt worden. Dies spreche dafür, dass die Schwerbehinderung nicht bekannt gewesen war.

Der Arbeitgeber habe glaubhaft gemacht, dass er erst 2019 mit der Vorlage des Schwerbehindertenausweises von der Schwerbehinderung erfahren habe. Die Zusatzurlaubstage der vergangenen Jahre seien damit verfallen.

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