LAG Rostock sieht keine Benachteiligung „wegen“ Behinderung

Die Stellenabsage wegen einer verspätet eingereichten Bewerbung eines schwerbehinderten Bewerbers muss keine Benachteiligung wegen der Behinderung sein. Ist es „gelebte Praxis“ eines öffentlichen Arbeitgebers, verspätet eingegangene Bewerbungen generell auszusortieren, kann keine Entschädigung wegen einer Diskriminierung aufgrund der Behinderung verlangt werden, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in Rostock in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 05.12.2023 (AZ: 5 Sa 3/23).

Nach dem Sozialgesetzbuch IX sind öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, nach einer Stellenausschreibung fachlich geeignete schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Damit soll den Bewerbern die Chance gegeben werden, den Arbeitgeber persönlich von ihren Fähigkeiten zu überzeugen. Unterbleibt die Einladung, ist dies nach ständiger Rechtsprechung ein Indiz für eine Diskriminierung wegen der Behinderung.

Im Streitfall hatte eine Behörde über das Portal „Interamt.de“ die Stelle einer „Amtsleitung für Zentrale Dienste und Finanzen (m/w/d)“ ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist lief bis Freitag, den 08.05.2020. Der schwerbehinderte Kläger bewar sich auf diese Stelle . Die 56-seitige Bewerbung mit Anlagen wurde jedoch am 11.05.2020 und damit drei Tage zu spät per E-Mail eingereicht. Der Leitende Verwaltungsbeamte vermerkte auf der Bewerbung den Hinweis „verfristet“. Der Bewerber erhielt daraufhin eine Absage, ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein.

Der Kläger sah in der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch ein Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung. Öffentliche Arbeitgeber seien gesetzlich verpflichtet, fachlich geeignete Bewerber einzuladen. Für die erlittene Benachteiligung stehe ihm eine „angemessene“ Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttogehältern zu, insgesamt 6.208,00 €. Zwar sei die Bewerbung erst einen Werktag nach Ablauf der Bewerbungsfrist eingegangen. Dies sei jedoch unerheblich, da es sich bei der Bewerbungsfrist nicht um eine Ausschlussfrist handele.

Die Behörde berief sich darauf, dass es ihrer ständigen Verwaltungspraxis entspreche, verfristete Bewerbungen auszusortieren und nicht weiter zu bearbeiten.

Das LAG wies den schwerbehinderten Kläger ab. Er sei nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden. „Ein Bewerber, der seine Schwerbehinderung bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen will, muss den potenziellen Arbeitgeber rechtzeitig hierüber in Kenntnis setzen“. Bei einer Bewerbungsfrist müsse dies regelmäßig bis zum Ablauf dieser Frist erfolgen, so die Rostocker Richter mit Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17.12.2020 (AZ: 8 AZR 171/20). Es gebe aber danach auch Ausnahmen. „Ein Bewerber hat immer dann einen Anspruch auf Einbeziehung in ein laufendes Stellenbesetzungsverfahren trotz Ablaufs der Bewerbungsfrist, wenn dies zu keiner nennenswerten Verzögerung des Verfahrens führt“.

Hier sei der Kläger aber letztlich allein wegen seiner verspäteten Bewerbung und nicht wegen seiner Schwerbehinderung aussortiert worden, betonte das LAG. Diese „gelebte Praxis“ möge zwar rechtswidrig sein.  Sie treffe aber alle Bewerberinnen und Bewerber. Ein Anspruch auf Entschädigung bestehe daher nicht.

Bildnachweis: © petrol – Fotolia.com

Gesunde Arbeitskultur JETZT

Gesunde Arbeitskultur Jetzt

In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-Württemberg tätig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im Gäu, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.

 

Podcast Arbeitsrecht

In unserem Podcast Arbeitsrecht wollen mein Kollege Jürgen Sauerborn und ich unterhaltsam, kurzweilig und in leicht verständlicher Sprache über Wichtiges und Neues aus dem Arbeitsrecht und dem angrenzenden Sozialrecht informieren.

Monatlicher Newsletter

Monatlicher Newsletter von Thorsten Blaufelder

In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.

Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…

Coaching Arbeitsicherheit Newsletter

 

Warum nicht mal Mediation probieren?

Vielleicht sollten es Streitparteien öfters mal mit Mediation versuchen. Ziel einer Mediation ist eine “win-win”-Lösung, bei der am Ende beide Streitparteien als Gewinner hervorgehen und eine eventuell langjährige Geschäftsbeziehung wertschätzend fortgesetzt werden kann.

Glas Konflikt Eskalationsstufen Mediation Blaufelder

 

Wenn´s nicht ums Recht, sondern ums Bier geht…

Bierbotschafter Thorsten Blaufelder Dornhan