LSG Potsdam: Wille zur Arbeit zu fahren ist entscheidend

Fährt ein Urlauber auf direktem Weg zurück zur Arbeit, befindet er sich auf einem versicherten Arbeits- oder Betriebsweg. Voraussetzung ist, dass bei Zurücklegung des Weges der „subjektive Wille in erster Linie auf die Wiederaufnahme der Arbeit gerichtet war“, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am Donnerstag, 01.02.2024, bekanntgegebenen Urteil (AZ: L 21 U 202/21 ZVW).

Die Klägerin arbeitete im Autohaus ihres Ehemanns in Berlin, der als Unternehmer freiwillig bei der Berufsgenossenschaft versichert war. Im August 2013 unternahm sie mit ihrem Mann einen Motorradurlaub in Thüringen. Die Rückfahrt war für den 19.08.2013 geplant. Unterdessen hielt die Tochter die Stellung im Autohaus. Am 18.08.2013 teilte die Tochter ihren Eltern mit, dass sie am Nachmittag des 19.08.2023 kurzfristig einen Zahnarzttermin habe.

Die Eltern beschlossen daher, an diesem Tag von Thüringen aus direkt zum Autohaus und nicht nach Hause zu fahren. Sie wollten ihre Tochter ablösen. Etwa sieben Kilometer vor dem Autohaus prallten sie gegen einen Sattelschlepper. Der Mann starb, die Frau brach sich den linken Oberarm und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Die Klägerin beanspruchte von der Berufsgenossenschaft Sterbegeld und Witwenrente. Der Unfall sei ein versicherten Wegeunfall gewesen.

Der Unfallversicherungsträger wies die Frau ab. Es habe sich um eine privat veranlasste, nicht versicherte und über 420 Kilometer lange Rückfahrt von einer Urlaubsreise gehandelt. Der übliche Arbeitsweg betrage aber nur 14 Kilometer. Das LSG stimmte dem zunächst noch zu.

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel gab der Witwe jedoch mit Urteil vom 10.08.2021 dem Grunde nach recht (AZ: B 2 U 2/20 R). Nach neuer Rechtsprechung komme es nur noch auf die „subjektive Handlungstendenz“ an, zur Arbeitsstätte fahren zu wollen. Ein „Angemessenheitsvergleich mit der üblichen Wegstrecke“ von der Wohnung oder andere Kriterien spielten keine Rolle mehr.

Zur „Herstellung von Rechtsanwendungssicherheit“ komme es allein darauf an, dass sich der Beschäftigte mindestens zwei Stunden am dritten Ort, hier dem Urlaubsort, aufgehalten habe und von dort auf direktem Weg zur Arbeitsstätte fahren wollte. Den Fall verwies das BSG an das LSG zur erneuten Prüfung zurück.

Dieses urteilte nun am 30.01.2024, dass der Klägerin Hinterbliebenenleistungen in Form von Witwenrente und Sterbegeld zusteht. Bei der Rückreise aus dem Urlaub direkt zum Autohaus habe es sich um einen versicherten Wegeunfall gehandelt. Zum einen sei der verstorbene Ehemann versichert gewesen, da er sich auf direktem Weg zur Arbeit befunden habe. Zum anderen wiesen die Begleitumstände darauf hin, dass die Klägerin ihre Tochter wegen eines Zahnarzttermins bei der Arbeit ablösen wollte. Dafür sprächen der Unfallzeitpunkt und der Zeitpunkt, zu dem die Tochter weg musste. Der subjektive Wille der Rückfahrt sei hier in erster Linie auf die Wiederaufnahme der Arbeit gerichtet gewesen.

Bildnachweis: © Trueffelpix – Fotolia.com

 

Gesunde Arbeitskultur JETZT

Gesunde Arbeitskultur Jetzt

In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-Württemberg tätig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im Gäu, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.

 

Podcast Arbeitsrecht

In unserem Podcast Arbeitsrecht wollen mein Kollege Jürgen Sauerborn und ich unterhaltsam, kurzweilig und in leicht verständlicher Sprache über Wichtiges und Neues aus dem Arbeitsrecht und dem angrenzenden Sozialrecht informieren.

Monatlicher Newsletter

Monatlicher Newsletter von Thorsten Blaufelder

In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.

Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…

Coaching Arbeitsicherheit Newsletter

 

Warum nicht mal Mediation probieren?

Vielleicht sollten es Streitparteien öfters mal mit Mediation versuchen. Ziel einer Mediation ist eine “win-win”-Lösung, bei der am Ende beide Streitparteien als Gewinner hervorgehen und eine eventuell langjährige Geschäftsbeziehung wertschätzend fortgesetzt werden kann.

Glas Konflikt Eskalationsstufen Mediation Blaufelder

 

Wenn´s nicht ums Recht, sondern ums Bier geht…

Bierbotschafter Thorsten Blaufelder Dornhan