BAG: Diskriminierung wegen der Religion ist zu prüfen

Kirchliche Arbeitgeber geraten bei Kündigungen wegen eines Kirchenaustritts zunehmend unter Druck staatlicher Gerichte. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt innerhalb kurzer Zeit ein Verfahren wegen einer Kündigung nach einem Kirchenaustritt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Prüfung vorgelegt (AZ: 2 AZR 196/22 (A)). In seinem Beschluss vom Donnerstag, 01.02.2024, möchte das BAG wissen, ob es eine EU-rechtswidrige Diskriminierung wegen der Religion darstellt, wenn einer katholischen Arbeitnehmerin wegen ihres Kirchenaustritts gekündigt wird, Arbeitnehmerin anderer Religionen aber nicht.

Bereits Ende 2023 stand nach Vorlage des BAG an die Große Kammer des EuGH ein vergleichbarer Kündigungsrechtsstreit zwischen einer angestellten Hebamme und einer Dortmunder Caritasklinik zur Entscheidung an. Der kirchliche Arbeitgeber wollte aber offenbar ein Grundsatzurteil vermeiden und knickte ein. Wie das BAG am 19.12.2023 mitteilte, hat die Klinik die Ansprüche der gekündigten Hebamme voll anerkannt und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden ist (AZ: 2 AZR 130/21 (A)).

Die Frau war zunächst bei der Klinik als Hebamme angestellt und hatte sich dann selbstständig gemacht. Wegen der Kindesmissbrauchsfälle in der katholischen Kirche trat sie aus der Kirche aus. Als sie wieder ein Arbeitsverhältnis mit ihrem früheren Arbeitgeber einging, bemerkte dieser erst kurze Zeit später den Kirchenaustritt und kündigte der Hebamme.

Im aktuellen Fall war die Klägerin, eine Mutter von fünf Kindern, seit 2006 als Sozialpädagogin in der Schwangerschaftsberatung in der Diözese Limburg tätig. Zu Beginn ihres Arbeitsverhältnisses hatte sie sich dazu verpflichtet, das ungeborene Leben zu schützen und Schwangere entsprechend zu beraten. Der für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch erforderliche Beratungsschein wurde dort nicht ausgestellt.

Kurz nach Beginn ihrer Elternzeit am 11.06.2013 trat die Klägerin aus der katholischen Kirche aus. Sie begründete dies mit dem von der Diözese Limburg erhobenen „besonderen Kirchgeld“. Dieses wird von Katholiken verlangt, die mit einem besonders gut verdienenden konfessionslosen oder andersgläubigen Partner verheiratet sind. Als sie Ende Mai 2019 ihre Elternzeit beendete, kündigte ihr die Beratungsstelle wegen des Kirchenaustritts fristlos, hilfsweise ordentlich zum Jahresende 2019. Der Kirchenaustritt sei ein illoyales Verhalten, mit dem sie sich aktiv gegen die kirchlichen Werte gestellt habe. Mit ihrer Tätigkeit in der Schwangerenberatung könne sie dem Verkündigungsauftrag nicht mehr gerecht werden.

Die Sozialpädagogin erhob Kündigungsschutzklage und verwies darauf, dass sie sich auch arbeitsvertraglich zum Schutz des ungeborenen Lebens verpflichtet habe. Trotz ihres Kirchenaustritts stehe sie weiter zu den christlichen Werten. Ihre Tätigkeit sei „konfessionsneutral“. So gebe es auch zwei Mitarbeiterinnen, die der evangelischen Kirche angehörten.

Während die evangelischen Kolleginnen bei einem Kirchenaustritt keine Kündigung zu befürchten hätten, sei es eine Diskriminierung wegen der Religion, wenn sie bei einem katholischen Kirchenaustritt eine Kündigung erhalte, argumentierte sie.

Das BAG sah hier EU-Recht betroffen und legte das Verfahren dem EuGH zur Prüfung vor. Dieser müsse klären, inwieweit ein Arbeitsverhältnis allein wegen eines Kirchenaustritts gekündigt werden dürfe. Eine Diskriminierung wegen der Religion komme in Betracht, wenn andere, nicht der katholischen Kirche angehörigen Mitarbeiter bei einem Kirchenaustritt nicht gekündigt würden. Zudem müsse geprüft werden, ob das Angebot des Arbeitgebers eine Rolle spiele, bei einem Wiedereintritt in die Kirche das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu wollen.

Bildnachweis: © Victor Soares – Fotolia.com

 

Gesunde Arbeitskultur JETZT

Gesunde Arbeitskultur Jetzt

In puncto gesunder Arbeitskultur bin ich deutschlandweit, insbesondere in Baden-Württemberg tätig, vor allem aber in den Orten Dornhan, Rottweil, Horb am Neckar, Villingen-Schwenningen, Nagold, Oberndorf am Neckar, Altensteig, Sulz am Neckar, Schramberg, Dunningen, Eutingen im Gäu, Empfingen, Fluorn-Winzeln, Waldachtal, Starzach, Pfalzgrafenweiler, Balingen, Haigerloch, Bondorf, Mössingen, Trossingen.

 

Podcast Arbeitsrecht

In unserem Podcast Arbeitsrecht wollen mein Kollege Jürgen Sauerborn und ich unterhaltsam, kurzweilig und in leicht verständlicher Sprache über Wichtiges und Neues aus dem Arbeitsrecht und dem angrenzenden Sozialrecht informieren.

Monatlicher Newsletter

Monatlicher Newsletter von Thorsten Blaufelder

In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.

Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…

Coaching Arbeitsicherheit Newsletter

 

Warum nicht mal Mediation probieren?

Vielleicht sollten es Streitparteien öfters mal mit Mediation versuchen. Ziel einer Mediation ist eine “win-win”-Lösung, bei der am Ende beide Streitparteien als Gewinner hervorgehen und eine eventuell langjährige Geschäftsbeziehung wertschätzend fortgesetzt werden kann.

Glas Konflikt Eskalationsstufen Mediation Blaufelder

 

Wenn´s nicht ums Recht, sondern ums Bier geht…

Bierbotschafter Thorsten Blaufelder Dornhan