LAG Mainz: Zwischenzeitliches Beschäftigungsende ist unerheblich
Ein gekündigter Arbeitnehmer kann auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses einen Streit mit einer früheren Kollegin über ehrverletzende Äußerungen noch vor dem Arbeitsgericht und nicht dem Landgericht ausfechten. Voraussetzung für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist, dass der Streit „in einer inneren Beziehung zum Arbeitsverhältnis der Parteien steht“ und „in der Eigenart des Arbeitsverhältnisses und den ihm eigentümlichen Berührungspunkten und Reibungen seine Ursache findet“, betonte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in einem Beschluss (AZ: 8 Ta 94/22). Dabei sei es unerheblich, ob die jeweiligen Arbeitsverhältnisse noch bestehen, so die Mainzer Richter.
Hintergrund des Rechtsstreits war die fristlose Kündigung des als Pflegedienstleiter und OP-Manager in einem Krankenhaus angestellten Klägers. Dem Mann wurde sexuelle Belästigungen von Patientinnen und Mitarbeiterinnen vorgeworfen. So soll er zu Operationen in unnötiger Weise in den Raum mit dem OP-Tisch gekommen sein, wo narkotisierte junge Patientinnen nackt gewaschen worden waren. Einmal habe er deshalb des Saales verwiesen werden müssen.
Zudem soll er eine junge Mitarbeiterin dazu aufgefordert haben, sich doch in seinem Zimmer umzuziehen. Dies habe er mit dem Worten „Man muss doch auch seinen Spaß haben“ kommentiert. Die Vorwürfe gingen auf den Angaben einer Ärztin zurück.
Die Kündigungsschutzklage des Mannes hatte Erfolg. Das Arbeitsverhältnis endete gegen Zahlung einer Abfindung mit einem Vergleich.
Gegen die Ärztin, die die Vorwürfe erhoben hatte, klagte der Mann vor dem Arbeitsgericht auf Unterlassung, Widerruf der Äußerungen und Schadenersatz. Sein allgemeines Persönlichkeitsrecht sei verletzt worden. Die Ärztin meinte, dass nicht das Arbeitsgericht, sondern das Landgericht Frankenthal für die Klage zuständig sei. Der Mann sei bereits seit zwei Jahren nicht mehr Arbeitnehmer der Klinik gewesen.
Dies wäre aber Voraussetzung für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte. Spätestens mit dem Ende des Kündigungsschutzverfahrens und dem Ausscheiden des Klägers beim Klinikum sei der arbeitsrechtliche Bezug verlorengegangen. Doch dem widersprach das LAG in seinem Beschluss vom 10.10.2022.
Nach dem Arbeitsgerichtsgesetz könnten die Gerichte für Arbeitssachen auch bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig sein. Voraussetzung hierfür sei, dass ein Rechtsstreit „in so greifbar naher Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis“ steht, dass dieser „überwiegend durch das Arbeitsverhältnis bestimmt“ werde.
Dabei sei es unerheblich, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht oder nicht, so das LAG. So erfasse die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch Klagen auf Unterlassung, Widerruf von ehrverletzenden Äußerungen oder auf Feststellung einer Schadenersatzpflicht. Hier gehe es um Äußerungen und Handlungen, die der Kläger allein während seines Arbeitsverhältnisses getätigt haben soll. Diese seien auch noch Grundlage für die Kündigung gewesen. Damit bestehe ein hinreichender inner Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis, so dass die Arbeitsgerichte zuständig seien.
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