LAG Chemnitz: Hinweis zu Ausschlussfristen kann enthalten sein
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist das Prüfen ihrer Entgeltabrechnungen zuzumuten. Wird darin ausdrücklich mit schwarzer Umrandung auf Ausschlussfristen hingewiesen, bis wann Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden müssen, ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer davon auch Kenntnis erlangt hat, entschied das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz in einem am Mittwoch, 01.03.2023, veröffentlichten Urteil (AZ: 1 Sa 60/22).
Im konkreten Fall ging es um einen bei einer Caritas-Einrichtung angestellten Rettungsassistenten. Laut Arbeitsvertrag vom 26.01.2017 galten die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ (AVR). In den AVR war bestimmt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten geltend gemacht werden. Seit Dezember 2019 war auch in den Entgeltabrechnungen jeden Monat ein schwarz umrandeter Hinweis enthalten, der ausdrücklich auf die Ausschlussfrist hinwies.
Doch der Mann prüfte seine monatlichen Entgeltabrechnungen nicht richtig. Er hatte zunächst immer eine Kinderzulage von monatlich 90,00 € erhalten. Ab Juli 2019 stellte der Arbeitgeber die Zahlung ein.
Erst im November 2020 wies der Mann auf den Fehler hin. Für die Monate Mai bis Oktober 2020 erhielt er eine Nachzahlung. Für Zeiten darüber hinaus sei der Anspruch in Höhe von insgesamt 900,00 € aufgrund der sechsmonatigen Ausschlussfrist verfallen.
Der Rettungsassistent klagte und meinte, dass die Ausschlussfrist laut AVR zwar Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sei. Ihm stehe aber Schadenersatz in Höhe der nicht gezahlten Kinderzulage zu. Denn nach dem Nachweisgesetz sei der Arbeitgeber verpflichtet, über die wichtigsten Regelungen ihres Arbeitsvertrags schriftlich zu informieren. Dann hätte er von vornherein die Entgeltabrechnungen „mit Akribie“ geprüft. Allein der Verweis auf die AVR im Arbeitsvertrag und der Hinweis über Ausschlussfristen in der Entgeltabrechnung reiche nicht, so der Kläger.
Während das Arbeitsgericht Dresden ihm noch recht gab, wies nun das LAG die Klage ab. Allerdings könne grundsätzlich eine Verletzung der Nachweispflicht durch den Arbeitgeber Schadenersatzansprüche begründen, heißt es in dem Urteil vom 19.09.2022. Hier fehle es auch an einem ausreichenden schriftlichen Nachweis des Arbeitgebers. Zur Einhaltung der Schriftform hätte der Arbeitgeber den Hinweis eigenhändig unterschreiben müssen. Die Entgeltabrechnungen seien aber maschinell erstellt worden.
Dass dem klagenden Rettungsassistenten die Ausschlussfrist aber nicht bekannt wurde, sei nicht glaubhaft. Die Entgeltabrechnung sei eine „rechtsgeschäftliche Erklärung“, so dass nach Treu und Glauben den Arbeitnehmer die Verpflichtung treffe, diese zur Kenntnis zu nehmen.
Unterlasse er dies, müsse er sich so behandeln lassen, als ob er die Kenntnis gehabt hätte. Hier habe der Kläger den Schaden „ganz überwiegend selbst verschuldet“, da er die Abrechnung nicht richtig geprüft habe. Dieses Verschulden überwiege den Verstoß des Arbeitgebers gegen das Nachweisgesetz. Das LAG ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.
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