LAG Stuttgart bestätigt Nachschlag für Rund-um-die-Uhr-Betreuerin

Müssen Arbeitgeber im Zuge eines Kündigungsstreits später sogenannten Annahmeverzugslohn für nicht beanspruchte Arbeitsleistung bezahlen, können sie diesen nicht auf die gesetzlich zugelassene Arbeitszeit beschränken. Sieht der Arbeitsvertrag längere Arbeitszeiten vor, so wird auch hierfür Annahmeverzugslohn fällig, urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Samstag, 09.09.2023 veröffentlichten Urteil zu einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung (AZ: 3 Sa 28/2).

Die Klägerin arbeitete seit September 2019 als „Assistenzkraft bei allen Dingen des täglichen Lebens“ für eine auf den Rollstuhl angewiesene Spastikerin. Laut Arbeitsvertrag teilte sie sich eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung mit einer weiteren Assistenzkraft in Blöcken von 15 Tagen. Täglich arbeitete sie 12 Stunden und leistete 12 Stunden Bereitschaft, die mit 20 Prozent des Stundenlohns vergütet wurde. Bei einem Stundenlohn von zum Vertragsbeginn 10,53 € ergab sich so ein „Tageslohn“ von 151,63 €.

Nach einem Suizid ihrer Schwester musste die Klägerin im Januar 2019 für zweieinhalb Wochen in eine stationäre psychiatrische Behandlung. Die Arbeitgeberin nahm dies zum Anlass für eine Kündigung. Weil die Assistenzkraft schwanger war, war die Kündigung allerdings unwirksam.

Dennoch nahm die behinderte Arbeitgeberin keine weiteren Arbeitsleistungen an.

Die Assistenzkraft erhob Kündigungsschutzklage und verlangte zudem Annahmeverzugslohn für ihre angebotene, aber nicht in Anspruch genommene Arbeitsleistung. Zudem sei ihr auch die Bereitschaftszeit mit dem Mindestlohn zu vergüten. Für die Zeit von September 2019 bis einschließlich März 2020 errechnete sie so einen Nachschlag von rund 17.000,00 €.

Wie schon das Arbeitsgericht Stuttgart gab dem nun auch das LAG weitgehend statt. Der Assistenzkraft stehe eine volle Vergütung auch der Bereitschaftszeiten zu (so zu einer 24-Stunden-Pflege auch BAG-Urteil vom 24.06.2021, AZ: 5 AZR 505/20).

Maßgeblich sei dann allerdings nicht der vereinbarte Stundenlohn, sondern der damals noch etwas geringere Mindestlohn – für Nachtarbeit mit einem Zuschlag von 20 Prozent. Der Pflegemindestlohn greife nicht, weil die Assistenzkraft nicht in einem Pflegebetrieb gearbeitet und weit überwiegend auch keine pflegerischen Arbeiten verrichtet habe. Sachleistungen wie Kost und Logis blieben aber unberücksichtigt, so das LAG.

Das Argument der Arbeitgeberin, die Arbeitszeiten seien gar nicht wirksam vereinbart, soweit sie über die gesetzliche Höchstarbeitszeit hinausgehen, ließ das LAG nicht gelten. Ein Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer bestehe regelmäßig für die gesamte geleistete Arbeit, auch wenn diese über das gesetzlich zulässige Maß hinausgeht. Dies gelte dann auch für den Lohn bei Annahmeverzug und für Urlaub.

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