Arbeitsgericht Heilbronn: Keine Kündigung kurz vor Rente

Je länger ein Arbeitnehmer in der Vergangenheit ohne krankheitsbedingte Fehlzeiten beschäftigt war, desto eher sind vom Arbeitgeber häufige Kurzzeiterkrankungen in jüngster Zeit hinzunehmen. Dies gilt umso mehr, wenn die Erkrankungen des Arbeitnehmers auf die schwere Arbeit zurückzuführen sind und der Beschäftigte kurz vor der Rente steht, entschied das Arbeitsgericht Heilbronn in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 21.03.2023 (AZ: 8 Ca 328/22).

Der 1963 geborene Kläger arbeitete seit 33 Jahren als Gießereihilfskraft. Während der Mann viele Jahre keine krankheitsbedingten Fehlzeiten aufwies, meldete er sich in den letzten sechs Jahren immer häufiger für kurze Zeiten krank. Insbesondere Wirbelsäulenerkrankungen und dort bestehende Verschleißerscheinungen machten dem Kläger zu schaffen. Der Arbeitgeber kam für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall jedes Mal auf.

Allein zwischen 2019 und 2022 musste der Arbeitgeber für 198 Tage Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten, insgesamt knapp 33.000,00 € brutto. Hinzu kamen noch 91 Fehltage, bei denen die Krankenkassen wegen einer länger als sechs Wochen dauernden Erkrankung Krankengeld zahlte. Eine Versetzung an einen weniger körperlich belastenden Arbeitsplatz führte zu keiner Verringerung der Fehlzeiten. Wegen der hohen finanziellen Belastungen, der Störung des Betriebsablaufs und der negativen Gesundheitsprognose kündigte der Arbeitgeber der Gießereihilfskraft ordentlich zum 31.07.2023.

Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam. Sie sei sozial nicht gerechtfertigt. Zwar könnten häufige Kurzerkrankungen durchaus eine Kündigung rechtfertigen. Voraussetzung hierfür sei stets eine negative Gesundheitsprognose. Diese liege bei dem Kläger auch vor. Danach müsse der Arbeitgeber angesichts der Wirbelsäulenerkrankungen auch künftig mit häufigen Fehlzeiten rechnen.

In einer zweiten Stufe müsse für die Wirksamkeit der Kündigung geprüft werden, ob die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden, etwa wegen Betriebsablaufstörungen oder wegen einer auch künftig zu erwartenden hohen wirtschaftlichen Belastung infolge von zu leistenden Entgeltfortzahlungen. Auch davon sei hier auszugehen.

Die Kündigung müsse aber auch sozial gerechtfertigt sein, betonten die Heilbronner Richter. Dies sei hier nicht der Fall. Denn der Kläger habe seit 33 Jahren in dem Betrieb gearbeitet. Erst seit den letzten sechs Jahren seien krankheitsbedingte Fehlzeiten angefallen. Diese gingen insbesondere auf Wirbelsäulenerkrankungen und Verschleißerscheinungen zurück, die der Kläger auch infolge seiner schweren körperlichen Arbeit erlitten habe. Zudem gehöre der Kläger zu den rentennahen Jahrgängen. Bei einer Kündigung habe er angesichts seines Alters und seiner Qualifizierung kaum eine Chance auf eine neue Arbeitsstelle. Daher müsse der Arbeitgeber den Kläger weiter beschäftigen.

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