Tägliche und wöchentliche Ruhezeit dürfen sich nicht überschneiden

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) pocht auf Einhaltung der Ruhezeiten für Arbeitnehmer. Die tägliche und die wöchentliche Ruhezeit sind getrennte Ansprüche und dürfen sich daher nicht überschneiden, urteilte der EuGH am Donnerstag, 02.03.2023, in Luxemburg (AZ: C-477/21). Für die meisten Arbeitnehmer in Deutschland bedeutet dies, dass einer Arbeitsschicht am Samstag eine Ruhephase von 35 Stunden folgen muss.

Nach EU-Recht und ebenso nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz müssen Arbeitnehmer in einem Zeitraum von 24 Stunden eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden haben. EU-Recht sieht zudem eine Ruhezeit von 24 Stunden in einem Zeitraum von jeweils sieben Tagen vor. In Deutschland ist dies durch die Sonntagsruhe oder dafür gewährte Ausgleichstage umgesetzt.

Hierzu betonte nun der EuGH, dass beide Ruhezeiten teils unterschiedliche Ziele verfolgen. „Folglich ist den Arbeitnehmern die tatsächliche Inanspruchnahme beider Rechte zu gewährleisten.“ Dies bedeutet, dass sich beide Ruhezeiten nicht überschneiden dürfen. „Wäre die tägliche Ruhezeit hingegen Teil der wöchentlichen Ruhezeit, würde der Anspruch auf die tägliche Ruhezeit ausgehöhlt“.

Als Konsequenz dürfte beispielsweise eine Supermarktkassiererin nach einer Schicht am Samstag bis 22 Uhr frühestens nach 35 Stunden am Montag um 9 Uhr wieder arbeiten. Denn EU-rechtlich folgt nach der Spätschicht zunächst die tägliche Ruhezeit von elf Stunden, hier also bis 9 Uhr am Sonntag. Danach schließt sich dann noch die wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden an. Würde die Kassiererin am Montag schon ab 7 Uhr wieder eingesetzt, wäre die deutsche Sonntagsruhe zwar eingehalten, der Arbeitgeber hätte die EU-rechtlich vorgegebene 24-Stunden-Ruhe aber noch nicht erfüllt. Dies müsste er dann innerhalb des Sieben-Tage-Zeitraums nochmals gesondert tun.

Entsprechend sähe es bei einer Krankenschwester aus, die nach einer Sonntagsarbeit beispielsweise den Mittwoch frei hat. Hat sie zuvor am Dienstag eine Spätschicht, darf sie erst nach 35 Stunden am Donnerstag wieder anfangen, wenn die EU-rechtliche Wochenruhezeit von 24 Stunden mit abgegolten sein soll.

Nach dem Luxemburger Urteil gilt dies sogar dann, wenn für den Arbeitnehmer eine tarifliche wöchentliche Ruhezeit gilt, die länger als 24 Stunden ist. Genau so lag der nun entschiedene Fall eines Lokführers in Ungarn. Laut Tarifvertrag galt für ihn eine wöchentliche Mindestruhezeit von 42 Stunden. Weil dies weit über den EU-rechtlich vorgegebenen 24 Stunden liegt, meinte der Arbeitgeber, dass damit dann auch die tägliche Ruhezeit von elf Stunden mit abgegolten sei. Dem folgte der EuGH jedoch nicht. Die günstigere Regelung zur wöchentlichen Ruhezeit schmälere nicht das Recht auf tägliche Ruhezeit. „Daher muss die tägliche Ruhezeit unabhängig von der Dauer der in der anwendbaren nationalen Regelung vorgesehenen wöchentlichen Ruhezeit gewährt werden.“

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